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33 ifs Bewohnervertretung bestellt. Das Gericht erklärte sowohl das Versperren der Tür als auch das Festhalten aus folgenden Gründen für unzulässig: Neben dem bereits vorhandenen GPS-Ortungsgerät mit automatischer SMS-Verständigung sei eine Funkglocke an der Grup- peneingangstür ausreichend, um Betreuer*innen auch nachts zuverläs- sig zu informieren, falls der Bewoh- ner die WG zu verlassen versuche. Eine verschlossene Tür ist na- türlich auch für alle anderen Bewohner*innen eine Freiheitsbe- schränkung. Deswegen stellte die Bewohnervertreterin vorsichtshal- ber auch für einen weiteren Klien- ten einen Antrag auf Überprüfung: Hier erachtete das Gericht schon die Gefährdung als nicht gegeben und erklärte daher die Freiheitsbeschrän- kung für unzulässig. Mitten im ersten Corona-Lockdown wurde ein 82-jähriger Bewohner eines Pflegeheims rund um die Uhr in sein Zimmer eingesperrt. Begrün- det wurde diese Maßnahme mit der hohen Ansteckungsgefahr durch Corona-Viren. Zu dieser Zeit waren auch die Betreuungskapazitäten im Heim auf einen „Notfallmodus“ reduziert, um Personalreserven für befürchtete Quarantäneausfälle be- reitstellen zu können. Ein Zivildiener war zur „Bewachung“ des Ausgangs abgestellt. Alle Bewohner*innen hätten laut einer Anordnung der Pflegeleitung in ihren Zimmern blei- ben müssen, lediglich Menschen mit Demenz wurden vom Pflegepersonal auf den Gängen begleitet, wenn sie nicht im Zimmer bleiben wollten. Weil der Bewohner sich dieser An- ordnung nicht fügen und das Heim zu Spazierfahrten im Rollstuhl ver- lassen wollte, wurde er in seinem Zimmer eingesperrt, nachdem es zu Aggressionsdurchbrüchen gegen das Pflegepersonal gekommen war, als er immer wieder in sein Zimmer gescho- ben wurde. Wenn das Gericht auch die grund- sätzliche Gefährdung zum damali- gen Zeitpunkt anerkannte, so wurde diese Beschränkung doch für unzu- lässig erklärt, da technische Hilfs- mittel (z. B. eine Sensormatte vor der Zimmertür, ein GPS-Ortungssystem am Rollstuhl) möglicherweise aus- gereicht hätten, aber eben nicht aus- probiert worden seien. Schonendere Maßnahmen haben immer Vorrang, insofern war das Versperren der Zim- mertür „überschießend“. Ein 64-jähriger Bewohner eines Pfle- geheims wurde gegen seinen Willen mit einem Gurt am Rollstuhl ange- bunden, da er stark verwirrt war. We- gen körperlicher Beeinträchtigungen würde er bei Aufstehversuchen in unbeobachteten Situationen aus dem Rollstuhl stürzen und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Knochen- bruch zuziehen. Das Gericht erklärte diese Fixierung aufgrund der hohen Verletzungs- gefahr grundsätzlich für zulässig, machte aber zur Auflage, dass bei Betreuungstätigkeiten am Bewoh- ner der Gurt geöffnet wird, da das Betreuungspersonal dann auf solche Aufstehversuche reagieren kann. Zu- demmüssen künftig die Fixierungs- zeiten genau dokumentiert werden. Bei einem anderen 82-jährigen Pflegeheimbewohner wurde die Zimmertür versperrt, damit eine de- mente Mitbewohnerin sein Zimmer nicht betreten konnte. Die Pflegelei- tung argumentierte, dass er sich da-

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