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4 5 ifs Erwachsenenvertretung In Sachen Mensch ifs Erwachsenenvertretung Jahresbericht 2021 Allgemeines Wie bereits das Jahr 2020 war auch das Jahr 2021 von der COVID- 19-Pandemie und den damit ver- bundenen Einschränkungen (z. B. die behördliche Absonderung von Mitarbeiter:innen) geprägt. Im Ge- gensatz zum Vorjahr hatte dies je- doch nur noch einen relativ geringen Einfluss auf die Erfüllung der Aufga- ben durch die ifs Erwachsenenver- tretung. Lediglich in Zeiten des stär- keren Infektionsgeschehens wurden persönliche Kontakte aufgeschoben oder auf das Notwendigste reduziert. Im Tätigkeitsfeld Clearing (im enge- ren Sinne) erfolgten die persönlichen Kontakte – entgegen dem grundsätz- lichen Standard – in einigen Fällen per Telefon und mittels videoun- terstützter Kommunikation (Signal oder Zoom). Die Registrierung gesetzlicher Er- wachsenenvertretungen konnte während des gesamten Jahres 2021 ohne bedeutende Einschränkungen vonstattengehen. Nur in wenigen Fällen erfolgten Registrierungen auf Basis videounterstützter Kommuni- kation. Wesentliche Rückstände bei der Registrierung konnten vermie- den werden. In Zeiten verstärkten Infektionsgeschehens wurden jedoch keine Vorsorgevollmachten errichtet, da es hier weitaus zeitintensiverer persönlicher Gespräche bedarf. Somit war es der ifs Erwachse- nenvertretung möglich, die au- ßergerichtliche Begründung von Vertretungsmacht für nicht (mehr) entscheidungsfähige, volljährige Personen trotz Pandemie während des gesamten Jahres weitgehend sicherzustellen. Diese außergerichtliche Begrün- dung von Vertretungsmacht in den Formen der Vorsorgevollmacht, der gewählten und der gesetzlichen Er- wachsenenvertretung stellt wohl die beachtlichste Änderung durch das am 1. Juli 2018 in Kraft getre- tene Erwachsenenschutzgesetz dar. Seither wenden sich Erwachsene mit einer geistigen Beeinträchti- gung, psychischen Krankheit oder Demenz und ihnen nahestehende Personen an Notar:innen oder Rechtsanwält:innen und – in hohem Maße – an die ifs Erwachsenenver- tretung, um die offizielle Regist- rierung einer gewählten oder einer gesetzlichen Erwachsenenvertre- tung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) – ohne Befassung des Gerichts – durch- führen zu lassen. Zuvor – bis zum 30. Juni 2018 – war die gesetzliche Vertretung von Erwachsenen mit einer geistigen Beeinträchtigung, psychischen Krankheit oder Demenz überwiegend im Rahmen einer vom Gericht bestimmten Sachwalter- schaft erfolgt. Dabei hatten viele Betroffene das für die Einrichtung einer Sachwalterschaft erforderliche Gerichtsverfahren als belastend erlebt. In vielen Fällen verlagerte sich somit die Begründung von Vertre- tungsmacht für eine gesetzliche Vertretung von den Gerichten zu den Registrierungsstellen (Notar:innen, Rechtsanwält:innen und ifs Erwach- senenvertretung als Erwachsenen- schutz-Verein für Vorarlberg). Nicht zuletzt auch dank der erfreulichen Bereitschaft der Ärzt:innen für All- gemeinmedizin, die erforderlichen ärztlichen Atteste auszustellen, funktioniert das niederschwellige und meist kostengünstige Instru- ment der Registrierung im Öster- reichischen Zentralen Vertretungs- verzeichnis in Vorarlberg weiterhin ausgezeichnet. Das gesetzliche Ziel der Verlagerung weg vom Gericht zur außergerichtlichen Form der Registrierung wird somit erreicht und dieser Prozess verstärkt sich laufend. Dementsprechend geht die Anzahl der gerichtlichen Erwachse- nenvertretungen – ganz im Sinne des Gesetzgebers – laufend und deutlich zurück, während die Anzahl der gewählten und gesetzlichen Erwach- senenvertretungen kontinuierlich steigt. Die ifs Erwachsenenvertretung sieht sich der UN-Behindertenrechts- konvention und dem Erwachse- nenschutzgesetz verpflichtet. Sie beachtet und stärkt ganz bewusst die Selbstbestimmung der betrof- fenen Personen, soweit dies im jeweiligen Falle möglich ist. In all ihren Tätigkeitbereichen (Erwach- senenvertretung-Classic, Beratung, Clearing und Registrierung) ist die ifs Erwachsenenvertretung deshalb darauf bedacht, nicht notwendige gesetzliche Vertretungen möglichst zu verhindern. Sollte eine gesetzliche Vertretung unvermeidlich sein, so soll diese möglichst in den selbstge- wählten Formen der Vorsorgevoll- macht oder der gewählten Erwachse- nenvertretung erfolgen. Ist die dazu erforderliche Entscheidungsfähig- keit nicht (mehr) gegeben, können nächste Angehörige als gesetzliche Erwachsenenvertreter:innen regis- triert werden. Folglich kommt eine gerichtliche Erwachsenenvertretung nur noch dann in Frage, wenn eine Erwachsenenvertretung zum Schutz einer betroffenen Person unvermeid- lich ist und sich diese Person gegen eine Vertretung ausspricht oder keine Angehörigen oder Nahestehen- den hat, die bereit bzw. geeignet sind, die Vertretung zu übernehmen. So- mit bleibt die gerichtliche Erwachse- nenvertretung das allerletzte Mittel. Mit dem Inkrafttreten des Erwach- senenschutzgesetzes am 1. Juli 2018 erfolgte eine beachtliche Auswei- tung des Aufgabenbereichs der ifs Erwachsenenvertretung: Neben der bereits angeführten Aufgabe der Re- gistrierung von Vertretungsverhält- nissen hat die ifs Erwachsenenver- tretung seither auch in allen neuen und in vielen bestehenden (gericht- lichen) Erwachsenenvertretungs- verfahren einen Clearingbericht zu erstatten. Eine große Herausforde- rung stellt in diesem Zusammenhang die zu bewältigende hohe Anzahl an Erneuerungsverfahren für sämtli- che vor dem 1. Juli 2018 begründeten „alten Sachwalterschaften“ dar. In jedem dieser Fälle hat die ifs Er- wachsenenvertretung ein gesetzlich zwingendes „Erneuerungsclearing“ durchzuführen. Mit Stolz kann darauf verwiesen werden, dass die ifs Erwachsenen- vertretung auch im Jahre 2021 in der Lage war, die gerichtliche Erwach- senenvertretung für alle Personen, für die keine nahestehende Person zur Verfügung stand oder bei denen nicht überwiegend rechtliche An- gelegenheiten zu erfüllen waren, zu übernehmen. Damit ist für Vorarl- berg eine Bedarfsdeckung gegeben.

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