Jahresbericht 2024 20 Sachverständigen, auf die Expertise von Prof. Dr. Rabl der Gerichtsmedizin Innsbruck, auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in Deutschland sowie die S3 Leitlinie, die alle in solchen Situationen (Fünf-Punkt-Fixierung) eine permanente 1:1-Überwachung vorsehen (14 UB 530/24s). Neben den gerichtlichen Überprüfungen wird jede Beschränkungsmaßnahme im Einzelfall geprüft. Dazu erfolgen Gespräche mit den Patient:innen über die durchgeführten Maßnahmen, Einsichtnahmen in die Krankengeschichten mit ärztlicher und pflegerischer Dokumentation sowie eine Überprüfung der Gründe für deren Anwendung. Zudem wird hinterfragt, ob weniger eingreifende Maßnahmen als gelinderes Mittel angewendet werden können oder – falls die Beschränkungsmaßnahme bereits beendet wurde – welche schonenderen Alternativen zuvor versucht wurden. Vertretung bei Behandlungsfragen Die gesetzlichen Bestimmungen einer medizinischen Behandlung von untergebrachten Patient:innen sind in der am 1. Juli 2023 in Kraft getreten- en Novelle des Unterbringungsgesetzes wesentlich erneuert worden. Ist ein:e Patientin in Bezug auf die medizinische Behandlung nicht entscheidungsfähig, muss die Patientenanwaltschaft unverzüglich über die Behandlung verständigt werden, um die Rechte der Patient:innen zu wahren und diese zu vertreten. 2024 erhielt die ifs Patientenanwaltschaft 107 solcher Verständigungen. In der Erwachsenenpsychiatrie wird nur sehr selten über fehlende Entscheidungsfähigkeit berichtet, da das behandelnde Team davon ausgeht, dass die Patient:innen selbst entscheiden können und eine Ablehnung der Medikation toleriert wird. In der Ge- rontopsychiatrie hingegen wird dies in der Unterbringungsmeldung vermerkt, da das Krankenhaus noch keine entsprechenden Verständigungsmasken im Datenverarbeitungsprogramm eingerichtet hat. Werden Patient:innen als nicht entscheidungsfähig eingestuft, muss der:die behandelnde Arzt:Ärztin sie darüber informieren, dass vor Durchführung der Behandlung ein Antrag auf Vorabentscheidung beim Unterbringungsgericht eingebracht werden kann. Insgesamt wurden 11 Anträge auf Vorabentscheidung gem. § 34a Abs 3 UbG gestellt (5 vom:von der behandelnden Arzt:Ärztin, jeweils 3 Anträge vom:von der Patient:in bzw. von der ifs Patientenanwaltschaft). Wird ein:e Patient:in bei Gefahr in Verzug gem. § 37 UbG behandelt – zumeist bei gleichzeitig angeordneten Fixierungsmaßnahmen im Bett – ist auch eine Mitteilung an die Patientenanwaltschaft vorgesehen, was in der Praxis überwiegend funktioniert. Im Jahr 2024 wurde bei 223 untergebrachten Patient:innen eine Behandlung bei Gefahr in Verzug durchgeführt. Die Verständigung erfolgt allerdings auf einem Formular betreffend Verständigung über eine Beschränkungsmaßnahme gem. § 33 UbG. Einfache Heilbehandlungen und Behandlung bei Gefahr in Verzug Bei besonderen Heilbehandlungen (Elektrokonvulsionstherapie, Depotbehandlung mit Neuroleptika, Lumbalpunktion, Behandlung mit dem Medikament Leponex) ist bei nicht entscheidungsfähigen Patient:innen vor Beginn der Behandlung eine Genehmigung des Gerichtes erforderlich. 2024 wurden lediglich 7 Anträge gestellt, von denen 6 vom Gericht genehmigt wurden. Der erhebliche Rückgang – im Jahr 2017 wurden 53 Anträge gestellt und 33 Anträge genehmigt – ist darauf zurückzuführen, dass die behandelnden Ärzt:innen bemüht sind, bei besonderen Heilbehandlungen ein Einverständnis mit den Patient:innen zu erzielen. Vertretung bei Beschränkungen gem. § 34 und § 34a Seit der Novelle des UbG müssen Beschränkungen der PersönlichEinfache Heilbehandlung 2023 2024 Verständigung ifs Patientenanwaltschaft bei fehlender Entscheidungsfähigkeit 60 107 Verständigung ifs Patientenanwaltschaft med. Behand- lung Gefahr in Verzug 99 223 Antrag § 36 Abteilungsleiter 5 5 Antrag § 36 Patientenanwaltschaft 2 3 Antrag § 36 Patient/Patientin 1 3
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