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wie 20 Im Kristallpalast Integration beginnt mit der Öffnung der Herzen Jeden Tag fahre ich mit dem Zug. Die Flücht- lingskrise ist nicht nur in den Medien. Fremde sind sichtbar. Der Kontakt zu den Fremden wird zunehmend vermieden. Wie zeigt sich der Moment der Abwehr und der Feindseligkeit? An den nationalen Grenzen entstehen Grenzzäune. Eine Distanz zu den Flüchtlingen entsteht in den Köpfen der Menschen. In den Medien wird Stim- mung gemacht. Befürchtungen wachsen. Es ent- steht ein Schwarz-Weiß-Denken. In Deutschland werden sie schon tätlich attackiert und Asyl- heime brennen. Slavoj Zizek meint, dass sich die europäischen Länder imWeltinnenraum des Kapitalismus wie in einem „Kristallpalast“ 1 befinden. Eine Metapher für die Weltausstellung, die 1851 in London statt- fand. Der Kristallpalast habe begonnen, sich von dort in die ganze Welt auszubreiten, und fühle sich nun bedroht. Der Weltinnenraum des Kapi- tals, dessen Grenzen unsichtbar sind und der sich in den letzten 150 Jahren ausdehnte, umfasst 1,5 Milliarden Menschen. Es sind direkt und indirekt die Globalisierungsgewinner. Im klimatisierten Innenraum der europäischen Nationen herrscht selbst dann, wenn er in einer Krise ist, Haushalts- ordnung, Freizügigkeit des Marktes, Handel, Ver- kehr, Wohlstand, Konsumfreude, ein freizügiger und liberaler Lebensstil, vor allem aber Rechtssi- cherheit durch Rechtsstaatlichkeit, dem die davon Ausgeschlossenen gegenüberstehen. Die unsicht- bare Grenze ist für die Globalisierungsverlierer, also den Großteil der Menschheit, unüberwindbar. Die Europäer sind privilegiert und leben wie in der schützenden Kuppel des „Kristallpalastes“. Durch die Flüchtlinge aus den krisengeschüttelten Staa- ten Afghanistan, Syrien und dem Irak, in denen der Islamische Staat wütet, und die terroristischen Anschläge des IS hat der Kristallpalast deutliche Der Kristallpa- last in Madrid wurde seinem prominenten, leider nicht mehr existierenden Vorbild in London nachempfunden.

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