ifs_zeitschrift_2_13_sc

wie 4 Wohnen bedeutet „geschützt sein vor Schaden und Bedrohung“, bedeutet auch „zufrieden sein, im Frieden leben“. Um in Frieden zu leben, muss ich demnach herausfinden, wie ich wohnen möchte. Dabei mache ich unterschiedliche Erfahrungen und entwickle daraus „meine“ Haltung. Haltungen entstehen aus Erfahrung. Das gibt mir Halt im Leben. Deshalb darf man keinemMenschen „seine Erfahrungen“ nehmen. Die Zeit, in der Erfahrungen gesammelt werden, ist eine spannende Zeit. Das Leben stellt Fragen. Auch Probleme sind Fragen des Lebens. Eine hilf- reiche Grundhaltung dabei: Hab die Fragen lieb! Es ist eine ärgerliche Zeit, in der man oft Fehler macht. Wo Ärger auftaucht, werden Werte ver- letzt. Werte kann man nur emotional empfinden. Ohne Ärger spüre ich nicht, was fehlt. Entschei- dend ist: Wie gehe ich mit Fehlern um? Wir lernen nicht aus Fehlern, wenn wir dafür beschämt werden. Es ist die Zeit der (stetigen) Veränderung. Man braucht Mut zur Veränderung. Mut an seine Gren- zen zu gehen und diese kennenzulernen. Grenzen festzustellen, Grenzen anzuerkennen ist sehr entlastend. Eine hilfreiche Haltung: Wertschätzen, was man nicht kann! Und natürlich die Fragen: Habe ich den Mut, zu meinen Grenzen zu stehen, um Hilfe zu bitten? Wen würde ich fragen? Mut ist das Ende der Anpassung. Grenzen ermöglichen das Zusammenleben, Nachbarschaft. Es ist auch die ersehnte Zeit der Freiheit. In diesem „Modul der Lebensschule“ mache ich eine entschei- dende Erfahrung: Freiheit und Verantwortung gehen immer miteinander einher. Je größer die Sicherheit desto weniger die Eigenverantwortung. Je höher das Sicherheitsbedürfnis desto weniger Verantwortungsbereitschaft (desto eingeschränk- ter die Freiheit). Für Menschen mit einer Behinderung ist ein selbstbestimmtes Leben in vielerlei Hinsicht Ein Kunstwerk auf solidem Fundament „Wer nicht weiß, was er will, tut, was andere wollen, das er tut.“ Viktor Frankl erschwert. Die Ursache dafür liegt häufig im Umfeld und an den Strukturen. Da der Blick oft zu sehr auf Schutz und Defizite gerichtet ist, wird das Recht zur Selbstbestimmung noch immer (zu) wenig vehement eingefordert. Fehlendes Ver- trauen in Fähigkeiten und Stärken führen nicht selten zu Bevormundung und zu allzu fürsorg- lichem Umgang. Aus einer Nachlässigkeit kann man jedoch auch eine Aufmerksamkeit machen. Dafür braucht es ein: Wozu? (Dir zu liebe!) Vor jeder Wirklichkeit gibt es Möglichkeiten. Ich als Person bin der Künstler. Das Material, das ich habe, ist Schicksal. Jeder kann aus seinemMaterial ein Kunstwerk machen! Wohnen in Eigen- ständigkeit bedeu- tet für jeden etwas anderes, aber sicher: Geschützt sein vor dem Schaden und der Bedrohung, ein Leben zu führen, wie andere wollen, dass man es tut. Für Angelika Würbel, die mit ihrem hundertpro- zentigen Glauben an positive Veränderung und mit ihrer weitsichtigen, menschlichen Haltung das „Fundament“ entscheidend gefördert und geprägt hat. ○ Michael Müller Leiter ifs Fundament michael.mueller@ifs.at Wissen ifs Fundament bietet Beratung, Begleitung und Unterstützung für Menschen mit einer kognitiven Beeinträch- tigung und/oder Menschen mit Lernbehinderung, die selbstän- dig und selbstbestimmt wohnen und leben wollen.

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