ifs_zeitschrift_3-11

Im alltäglichen Leben sehen wir uns im- mer wieder mit Grenzen konfrontiert – wir stoßen an natürliche Grenzen, an unsere persönlichen Grenzen, an will- kürlich gesetzte Grenzen, an gesell- schaftlich normierte Grenzen, an die Grenzen der Belastbarkeit, an ... Gleich- zeitig ist der Mensch ständig bestrebt, Grenzen auszuweiten, zu überschreiten, zu umgehen und zu überwinden. Aber es gibt auch Momente und Situationen, in denen wir gezwungen sind, Grenzen zu respektieren und zu akzeptieren, Grenzen ganz einfach anzunehmen. An Grenzen entstehen Reibung und Wär- me, an Grenzen wird Wachstum und Reifung möglich. Zu all diesen Aspekten können Sie Beiträge in dieser Ausgabe der IfS-Zeitung lesen. Manche Grenzerfahrungen bedürfen professioneller Unterstützung An uns wenden sich Menschen zumeist, wenn Sie an Grenzen unterschiedlichs- ter Art gestoßen sind: an Grenzen bei der Erziehung, in der Entwicklung, bei der Individuation und Anpassung, an Grenzen der Belastbarkeit, an zu stark begrenzte Ressourcen, an Grenzen in der Beziehung. Menschen brauchen Hil- fe, wenn sie massive Grenzverletzungen erlebt und Gewalterfahrungen gemacht haben, wenn sie aufgrund von Behinde- rungen oder Krankheit an persönliche und / oder gesellschaftliche Grenzen stoßen. Unsere MitarbeiterInnen (Sozialarbei- terInnen, PsychologInnen, Psychothera- peutInnen, PädagogInnen, Eheberater­ Innen, IntegrationsberaterInnen und JuristInnen) versuchen in ihrer täglichen Arbeit, diese Menschen zu begleiten, ih- nen bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. In der Beratung und Therapie sol- len dort, wo dies möglich ist, Mittel und Wege gefunden werden, wie Grenzen geöffnet und überwunden, wie Grenz- verletzungen integriert werden können, damit die Lebensenergie erneut ohne Barrieren und ohne Energieverlust flie- ßen kann. Nur wer akzeptiert, verhindert zugrunde zu gehen Jedes Leben beinhaltet jedoch auch Grenzen, die unveränderbar sind, Gren- zen, die unüberwindbar erscheinen. Man muss gut lernen, zu unterschei- den, wo Veränderungen möglich sind und wann bzw. wo Grenzen akzeptiert werden müssen. Es gibt Situationen, in denen deutlich wird, dass Grenzen nicht verschoben, nicht beseitigt und auch nicht überschritten werden können. Nur wenn man gelegentlich lernt zu akzep- tieren, dass es auch Grenzen gibt, mit denen man leben muss, kann man ver- hindern, dass die Seele am erlebten Leid, am Schmerz, an der Wut zugrunde geht. Grenzenlos bedeutet orientierungslos Mit Grenzen zu leben bedeutet jedoch nicht nur Einschränkung, sondern auch Orientierung und Sicherheit in einer im- mer komplexer werdenden Welt. Gren- zenlosigkeit ist nicht Freiheit. Im Ge- genteil. Ein Leben ohne Grenzen bietet keinen Halt, lässt uns orientierungslos in einemVakuum zurück. Und nur inner- halb von bewussten, im Leben integrier- ten Grenzen können wir Erfahrungen von Freiheit, von Individuation und von Gemeinschaft machen. Erfahrungen, die ich Ihnen für das Jahr 2012 von Her- zen wünsche! ● „Die menschliche Natur, fuhr ich fort, hat ihre Grenzen: Sie kann Freud, Leid, Schmerzen bis auf einen gewissen Grad ertragen und geht zugrunde, sobald der überstiegen ist.“ JohannWolfgang von Goethe Dr. Stefan Allgäuer IfS-Geschäftsführer

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